Bildungswesen

 

1. Schulwesen

 

Nach Artikel 7 Z.2 des Österreichischen Staatsvertrages haben die burgenländischen Kroaten das Recht auf Erteilung des Elementarunterrichtes in ihrer Muttersprache und auf eine angemessene Anzahl eigener Mittelschulen. Ausführliche Bestimmungen enthält das Minderheitenschulgesetz für das Burgenland. Es gibt jedoch keine Bestimmungen für Wien, die den Elementarunterricht in der Volksgruppensprache absichern würden.

 

a) Volksschule

Im September 1994 ist für das Burgenland ein neues “Minderheitenschulgesetz” (BGBl. 202/1994) in Kraft getreten, welches von engagierten Lehrern als “der Anfang vom Ende des zweisprachigen Schulwesens im Burgenland” bezeichnet wird. Die wesentlichen Mängel dieses Gesetzes betreffend den Unterricht an Volksschulen sind folgende:

Es besteht die jederzeitige Möglichkeit der Abmeldung vom zweisprachigen Unterricht an traditionell zweisprachigen Schulen. Die Lehrer können von Eltern unter Druck gesetzt werden (“Wenn mein Kind eine schlechte Note bekommt, melde ich es einfach vom zweisprachigen Unterricht ab”). Für abgemeldete Kinder gilt nach Ansicht der burgenländischen Schulbehörden der “normale” (einsprachige) Lehrplan.

Das Gesetz hätte zumindest ein Mindestmaß der Verwendung der kroatischen Sprache, einen zu erreichenden Mindeststandard oder ein Lehrziel definieren müssen. Ideal für die Erhaltung der Sprache wäre ein obligatorischer zweisprachiger Unterricht im traditionell zweisprachigen Gebiet.

Das Gesetz wird von vielen kroatischen Organisationen kritisiert. Eine wissenschaftliche Expertise kritisiert das Gesetz wegen vieler volksgruppenfeindlicher Bestimmungen und seiner Inkonsistenz. Regelungen wurden von namhaften Rechtswissenschaftlern als verfassungswidrig erachtet, bislang konnte man sich jedoch nicht zu einer Novellierung durchringen.

Als einziges Positivum im neuen Gesetz ist die Regelung zu erwähnen, wonach auch an Schulstandorten, an denen es bislang keinen zweisprachigen Unterricht gab, zweisprachige Vorschulgruppen (ab vier Anmeldungen), Vorschulklassen (ab sieben Anmeldungen) und Schulklassen der 1. bis 4. Schulstufe (ab sieben Anmeldungen) geführt werden können. Damit wurde einer Entscheidung des VfGH, wonach unter bestimmten Bedingungen das Recht auf Elementarunterricht in der Volksgruppensprache im ganzen Bundesland besteht, Rechnung getragen. Aufgrund dieser Regelung entstand im September 1999 eine zweisprachige Klasse an der Volksschule in Eisenstadt. An einigen einsprachigen Volksschulen wird Kroatisch als Freigegenstand angeboten.

 

b) Hauptschule

Die bisher als Schulversuche geführten zweisprachigen Hauptschulen, bzw. Klassen wurden auf eine gesetzliche Basis gestellt. Daneben wird Kroatisch als zu wählendes Unterrichtsfach an mehreren Hauptschulen angeboten. Die meisten Hauptschulen des Burgenlandes sind zur Neuen Mittelschule übergegangen.

 

c) Allgemeinbildende höhere Schule

Das Gesetz sieht die Errichtung einer (einzigen) allgemeinbildenden höheren Schule (Gymnasium oder Realgymnasium) vor. Die Schulversuche der zweisprachig geführten Klassen an anderen AHS des Burgenlandes blieben unberücksichtigt. Sie bleiben Schulversuche, deren Weiterführung ausschließlich vom guten Willen des zuständigen Ministers abhängig ist.

Betrachtet man die geographische Situation des Burgenlandes, dann leuchtet ein, daß kaum jemand aus Neudorf oder auch Oslip (im nördlichen Burgenland) das zweisprachige Gymnasium in Oberwart besuchen wird.

Der Artikel 7 sieht eine “verhältnismäßige Anzahl eigener Mittelschulen” vor. Während beispielsweise die kärntner Slowenen zwei Mittelschulen haben, wurde für die zahlenmäßig größere Gruppe der burgenländischen Kroaten (einschließlich burgenländische Ungarn) die Errichtung einer einzigen solchen Schule gesetzlich festgeschrieben. Hier hat man es mit der buchstabengetreuen Erfüllung des Art. 7 nicht so genau genommen.

 

2. Kindergartenwesen

 

Das Burgenländische Kindergartengesetz (LGBl. 35/1995) sieht zweisprachige Kindergärten vor.

Der Kindergarten ist heute in den meisten Fällen der erste Ort, in dem Kinder mit der Bedeutung einer Sprache und mit der Wichtigkeit der Sprachbeherrschung konfrontiert werden. Hier werden auch die Weichen für die weitere sprachliche Entwicklung des Kindes gestellt. Werden in einem zweisprachigen Kindergarten nicht beide Sprachen annähernd gleichberechtigt verwendet (Spiele, Lieder, Anweisungen der Pädagogen/-innen etc.), so erlebt das Kind unterbewusst eine Sprache als die wichtigere, die bessere, die schönere usw. Eine kaum, nur zu ganz bestimmten, nur kurze Zeit oder nur in ganz bestimmten Situationen verwendete Sprache wird als inferior empfunden und im Extremfall sogar abgelehnt. Eine solche beim Kind entstandene Einstellung ist nur mit größter Mühe und konsequenter Überzeugungsarbeit wieder zu korrigieren.

Das Burgenländische Kindergartengesetz erklärt Kindergärten in bestimmten Gemeinden zu zweisprachigen Kindergärten. Die Volksgruppensprache ist zusätzlich zum Deutschen “Kindergartensprache”. Es gilt das Abmeldeprinzip. Auch in anderen Kindergärten des Burgenlandes kann die kroatische Sprache als “Kindergartensprache” zugelassen werden, wenn dies 25% der Erziehungsberechtigten mit österreichischer Staatsbürgerschaft verlangen. Wenn in einem zweisprachigen Kindergarten nicht zumindest eine Kindergärtnerin beschäftigt ist, die auch über Kenntnisse der Volksgruppensprache verfügt, so hat das Land eine Assistenzkindergärtnerin beizustellen. Die Volksgruppensprache ist im erforderlichen Ausmaß zu verwenden, zumindest jedoch 6 Stunden wöchentlich, tunlichst an jedem Tag eine Stunde. Nach dem Gesetz hat “der Kindergarten die Aufgabe zur Sprachschulung beizutragen” sowie “in besonderer Ansehung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt des Landes Burgenland die Schulreife zu fördern”.

Im Kindergartenalltag hängt das Ausmaß der Verwendung der kroatischen Sprache als “Kindergartensprache” in erster Linie von der sprachlichen Kompetenz und vom persönlichen Engagement der Kindergärtnerin ab. Ob die Kindergärtnerin überhaupt kroatisch kann, hängt wiederum vom Gemeinderat bzw. vom Bürgermeister ab. In manchen Kindergärten wird kroatisch gesprochen und gespielt, in anderen lernen die Kinder lediglich einige kroatische Lieder oder Gedichte.
Viele Eltern versuchen, zumindest zu Hause der sprachlichen Assimilierung ihrer Kinder entgegenzuwirken, sehr viele finden sich aber auch einfach damit ab und nehmen so ihren Kindern die Chance, zwei Sprachen spielerisch gleichzeitig zu erlernen.

 

3. Universitäten

 

Es gibt keine gesetzlich verankerte Verpflichtung in den Studienprogrammen Vorlesungen oder Übungen zu den Burgenlandkroaten abzuhalten. Die Slawistik an der Universität Wien hat eine Vorlesung in Kulturgeschichte und Literatur der Burgenländischen Kroaten (2 Wochenstunden) sowie eine Übung zur Burgenländischkroatischen Sprache (2 Wochenstunden) angeboten. Diese sind jedoch jedes Jahr gefährdet. Die Universitäten geben leider – aufgrund von Geldmangel – den Volksgruppenbedürfnissen. Da der Unterricht im Burgenland in den Unterstufen in Burgenländischkroatischer Sprache erfolgen muss, fragt man sich, wo der Lehrer dieses Wissen bzw. sprachliche Kenntnis erwerben soll. An der Slawistik in Graz werden Ringvorlesungen zu den Burgenländischen Kroaten angeboten (nicht jedes Jahr).


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